Die Forstwirtschaft gilt als eine der allerletzten richtigen Männerdomänen. Nichtsdestotrotz haben auch Frauen in diesem Metier Fuß fassen können.
Grundsätzlich gilt, je höher der Bildungsgrad, umso mehr Frauen sind anzutreffen. Unter den Forstfacharbeitern sind Frauen kaum zu finden, im akademischen Bereich hingegen ist bald jede vierte Fachkraft eine Frau. Insgesamt gibt es in Österreich 52 forstliche Organisationen, vier davon werden auf Funktionärsebene von Frauen geleitet. Als großes Defizit der Forstwirtschaft gilt die fehlende Kommunikation mit der nicht-forstlichen Öffentlichkeit. Gerade hier sehen die Frauen neben ihrer fachlichen Kompetenz ihre großen Stärken und Einsatzmöglichkeiten.
Einstieg der Frauen in die Forstwirtschaft gelingt über die höhere Bildung
Seit 1919 ist es Frauen möglich, an der Universität für Bodenkultur in Wien zu studieren. Der erste weibliche Diplomingenieur für Forstwirtschaft war in Österreich Helvig Schütte, die 1936 ihr Studium abschloss. Im Wintersemester 2010/11 waren insgesamt 566 ForstwirtschaftsstudentInnen an der Universität für Bodenkultur inskripiert, davon 128 Frauen. An der einzigen „Försterschule“ Österreichs, der HBLA in Bruck/Mur sind zurzeit 389 SchülerInnen eingeschrieben, davon 27 Mädchen. Von den insgesamt 41 LehrerInnen an dieser Schule sind 14 Frauen. An der Forstfachschule Waidhofen/Ybbs werden zurzeit 43 Schüler ausgebildet. In früheren Jahren absolvierten dort vereinzelt auch Mädchen die Ausbildung zum Forstwart.
Vier Forstorganisationen unter weiblicher Führung
Die Forstwirtschaft gehört nach wie vor zu den großen Männerdomänen. Trotzdem gelingt es immer wieder einigen Frauen, das traditionelle Rollenmuster zu durchbrechen und erfolgreich – und von den Männern anerkannt – in diesem Umfeld ihre „Frau“ zu stehen. Vier davon haben es sogar an die Spitze forstlicher Organisationen gebracht:
DI Dagmar Karisch-Gierer (Steiermark), Obfrau des Vereins „Forstfrauen“:
Dagmar Karisch-Gierer ist im Schulungs- und Projektmanagement in der Steiermark tätig, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ziel des Vereins „Forstfrauen“ ist es, die Integration von Frauen im forstlichen Berufsfeld weiter zu unterstützen, Stärken deutlich zu machen und die Forst- und Holzwirtschaft insgesamt positiv ins Rampenlicht zu rücken. Unabhängig von ihrer beruflichen Ausbildung können dem Verein alle Frauen, die in der Forst- und Holzwirtschaft tätig sind, beitreten. Wesentlich ist für uns, den Verein als Netzwerk auszubauen und diesen Networking-Gedanken auch aktiv zu leben: Die Aktivitäten umfassen Erfahrungs- und Informationsaustausch unter den Mitgliedern, Mentoringaktionen, Knüpfung internationaler Kontakte mit Forstfrauenvereinigungen, Abhaltung von Seminaren und Tagungen, (Re- )Präsentation des Netzwerkes in der Öffentlichkeit, Imagebildung für die Forst- und Holzwirtschaft allgemein.
Dr. Elisabeth Johann (Kärnten), Präsidentin des Vereins „Waldpädagogik in Österreich“:
„Frauen verfolgen bei ihrer Arbeit prioritär das Gelingen des Projektes, Männer verfolgen prioritär ihre eigene Karriere. Das ist nur ein Argument, das für die Frauen spricht!?“
Elisabeth Johann ist angesehene und anerkannte Forsthistorikerin und die zweite Frau in Österreich, die das Forststudium absolviert hat. Außerdem führte sie über 20 Jahre lang erfolgreich den familieneigenen Forstbetrieb. Waldpädagogik in Österreich bildet ein Netzwerk von Menschen, die daran glauben, dass nachhaltige Waldwirtschaft und Umweltbildung eine wichtige Zukunft haben. Für alle zugänglich, besteht der Wald aus einer Vielzahl faszinierender Lebensräume. Durch das Angebot von fachlich kompetenten und der menschlichen Entwicklung angepassten Führungen mit Anregung aller Sinne soll das Verständnis für die Natur gestärkt, die Beziehung zwischen Menschen und Wald verbessert und Verständnis für den Wirtschaftsraum Wald mit seinen vielfachen Leistungen geweckt werden. Der Verein hat rund 600 Mitglieder. Weitere Infos unter: www.waldpaedagogik.at.
Ursula Ludwig (Wien), Präsidentin des „Clubs der Land- und Forstwirte Österreichs“:
„Kommunikation und Organisation sind die Stärken der Frauen. Da laufen wir zu Höchstleistungen auf.“
Ursula Ludwig wurde 2009 zur ersten Präsidentin des Clubs gewählt und ist selber erfolgreiche Unternehmerin im Agrarbereich. Der CLUB der Land- und Forstwirte Österreichs wurde 1875 gegründet und versteht sich seitdem als eine Plattform mit Netzwerkfunktion, die allen in der Land- und Forstwirtschaft Tätigen und daran Interessierten offen steht. Zielvorgaben sind einerseits, das Verständnis für eine verantwortungsbewusste und zukunftsorientierte Land- und Forstwirtschaft zu verbessern und andererseits existenzgesicherte Betriebe zu fördern, um eine nachhaltige Landbewirtschaftung zu gewährleisten und den Schutz und die Wahrung der Eigentumsrechte von Grund und Boden zu sichern. Um dies zu erreichen, organisiert der Club Fachtagungen, Exkursionen und Studienreisen, belebt das Club-Leben mit gemeinsamen Besuchen von Kunst-Ausstellungen und Museen und Jour Fixen. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen Wissenschaft, Praxis und Wirtschaft stehen dabei ebenso im Fokus des Club-Lebens, Organisationen wie Interessensverbände, Behörden etc. werden eingebunden.
Mag. Hermine Hackl (Niederösterreich), Präsidentin der forstlichen Naturschutzorganisation BIOSA – Biosphäre Austria:
“ Unsere Welt braucht Männer UND Frauen, sonst stirbt sie aus. Diese Erkenntnis hat auch maßgeblich mit dem forstlichen Prinzip der Nachhaltigkeit zu tun.“
Hermine Hackl ist u.a. auch Vizepräsidentin der forstlichen Kommunikationsplattform wald.zeit Österreich und in den Vorständen diverser land- und forstwirtschaftlicher Organisationen vertreten. Lebensmittelpunkt ist Schloss Waldreichs im Waldviertel. Die BIOSA Biosphäre Österreich ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Eigentümern land- und forstwirtschaftlicher Flächen, die sich auf privater Basis bereit erklären, ausgewählte Flächen für Naturschutzprojekte zu Verfügung zu stellen. Alle Projekte werden mit den Eigentümern abgestimmt und für die Gemeinschaft durchgeführt. Dieses Modell des Vertragsnaturschutzes gewährleistet, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gemeinschaft in partnerschaftlicher Zusammenarbeit und ohne Konflikte gelöst werden können. Derzeit betreut die BIOSA 3.000 Hektar Naturschutzflächen. Symbol der Naturschutzplattform ist ein bunter Schmetterling. Weitere Infos: www.biosa.at.
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